Max Nagl: maximale Kraft voraus.
Max Nagl krönte sich im vergangenen Oktober 14 Jahre nach seinem letzten ADAC MX Masters-Titel zum dritten Mal nach 2006 und 2008 zum Champion der Serie. 2001 gewann er bereits den ADAC MX Junior Cup auf der 85ccm-Maschine. Der 35-Jährige bewies, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Nach dem Titelgewinn überraschte er mit einem Team- und Markenwechsel. Im Interview berichtet der Champ wie es dazu kam, wie er sich nach so einer langen Karriere noch motiviert und ob mit Jordi Tixer als weiteren Titelkandidaten im KMP Honda Racing Team powered by Krettek Spannungen nicht vorprogrammiert sind.
Neues Team, neues Bike, das kam für viele recht überraschend. Erzähl doch mal, wie es zu dem Wechsel kam.
Max Nagl: „Der Kontakt zu Alex Karg vom KMP Honda Racing Team bestand schon lange, seitdem ich bei ihm als Honda-Werksfahrer bei den ADAC MX Masters Rennen unterm Zelt gestanden habe. Ich habe mit Alex schon vor vielen Jahren gewitzelt, dass ich irgendwann noch mal eine Masters-Saison bei ihm fahre. Ich bin jetzt so viele Jahre KTM und Husqvarna gefahren. Das Paket, das ich mit dem Krettek-Haas-Racing-Team und der Husqvarna zuletzt hatte, war perfekt. Da gibt es überhaupt nichts zu meckern. Aber es war immer das Gleiche. Und irgendwann braucht man halt mal neue Herausforderungen. Meine Absicht mit dem Wechsel war nicht, dass ich etwas Besseres kriege als ich hatte, sondern einfach nur etwas anderes, etwas, wo ich bei Null anfangen kann mit dem Testen, neue Motivation und neue Arbeit habe. Das waren eigentlich die Hauptgründe für meine Entscheidung.“
Du hast im Krettek-Haas-Racing-Team auch einen glücklichen Eindruck gemacht. Probleme gab es also nicht?
„Nein, wir haben auch immer noch regelmäßig Kontakt. Es war ursprünglich die Idee, dass ich wieder die tschechischen Rennen für sie fahren werde. Aber das ist logistisch schon ein großer Aufwand und das viele Reisen war schon heftig gewesen. Aber ansonsten war das alles top.“
Man sagt ja, wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Dürfen wir davon ausgehen, dass du bei dir noch Luft nach oben siehst, oder wird 2023 dein Abschiedsjahr?
„Wie lange ich das Ganze jetzt noch mache? Ehrlich gesagt, ich kann es wirklich nicht sagen. Schon seit letztem Jahr entscheide ich das von Jahr zu Jahr. Ich schließe auch meine Verträge nur noch für ein Jahr ab, so dass ich immer frei bin am Ende vom Jahr und dann entscheiden kann.“
2023 dürfte mit dir, Jordi Tixier, Henry Jacobi, Tom Koch, Adam Sterry, Stefan Ekerold und Lars von Berkel, um nur ein paar zu nennen, kein leichtes Jahr werden. Wie wappnest du dich für die neue Saison?
„Ja, stimmt, das ADAC MX Masters wird immer besser, immer stärker und die Konkurrenz auch, natürlich. Ich muss mir da richtig den Allerwertesten im Winter aufreißen, dass ich da konkurrenzfähig bleibe. Aber das ist okay und gehört dazu und das ist auch mein Anspruch.“
Tixier und du habt in den letzten drei Jahren die Titel geholt und jetzt steht ihr sogar gemeinsam unter dem KMP-Zelt. Sind Spannungen da nicht vorprogrammiert, wenn ihr beide um den Titel fahrt?
„Das ist abhängig davon, wie er das aufnimmt. Für mich ist es kein Problem, ich bin so eine Situation gewohnt. 2009 war ich Vizeweltmeister und in dem Jahr wurde Tony Cairoli Weltmeister. Dann hat KTM ihn 2010 zu meinem Teamkollegen gemacht, das war ja eine ähnliche Situation. Ich habe damals viel dazugelernt, damit umzugehen und deswegen ist es für mich kein großes Problem. Du musst sowieso gegen jeden fahren, ob der nun in deinem Team fährt oder woanders, spielt keine Rolle. Das ist vermutlich mehr Stress für den Teamchef, das zu organisieren.“
Was gibt dir nach so vielen Jahren als Topfahrer noch die Motivation weiterzufahren?
„Ganz ehrlich gesagt: es ist nicht einfach! Es gibt viele Tage, wo ich die Motivation nicht habe. Aber dann braucht man halt den Charakter, um es trotzdem zu machen, auch wenn man nicht möchte. Solche Tage hat jeder Mensch bei jedem Job, das ist ganz normal. Aber die Tage werden irgendwann immer mehr, weil man älter wird, den Sport schon so lange betreibt und es da immer so viele neue Sachen und Herausforderungen gibt. Ich versuche, es über die Trainingsgestaltung spannend zu halten, dass ich z.B. viel Ausgleichssport treibe. Genauso versuche ich beim Motorradfahren nicht immer jeden Tag das Gleiche zu trainieren, sondern Abwechslung reinzubringen, um das ganze am Laufen zu halten.“
Stand für dich schon mal im Raum, den Helm an den Nagel zu hängen?
„Nein, aktuell noch nicht. Ich mache das auch immer abhängig davon, wie es mir geht. Konditionell, von der Kraft, wie gut ich mich erholen kann und natürlich, wie es bei den Rennen läuft. Mein Ansporn ist immer noch zu gewinnen. Und wenn das irgendwann definitiv nicht mehr funktioniert, weil ich es einfach nicht mehr kann, weil der Speed fehlt oder es körperlich nicht mehr klappt, dann kommt der Punkt, wo man sagen muss, jetzt ist Ende.“
Wie hat der Wechsel auf die Honda funktioniert und haben dir deine Erfahrungen als Honda-Werksfahrer dabei geholfen?
„Der Umstieg ging ziemlich problemlos und schon damals hat mir der Aluminiumrahmen der Honda sehr gefallen. Ich bin ihn einfach gerne wegen der Steifigkeit gefahren, aber der Motor war damals das Negative. Als ich jetzt die ersten Motorräder von Alex bekommen habe, waren diese schon bearbeitet und auch der Motor war sehr gut. Mich hat ehrlich gesagt überrascht, wie gut die Bikes liefen. Und da mir der Rahmen eh gefallen hat, war das Ganze dann relativ schnell positiv.“
Ist es für dich ein Unterschied, als deutscher Fahrer Rennen in der Heimat zu fahren im Vergleich zu internationalen Rennen?
„Ja, es ist immer anders, aber das ist bei den meisten Fahrern so, wahrscheinlich wegen der extra Motivation, die man dann hat. Man hat so ein ‚zu-Hause-Gefühl‘, es sind viele Leute da, die man kennt, mit denen man sich unterhalten kann und man fühlt sich einfach wohl. Und wenn sich ein Fahrer wohlfühlt, kann er auch besser performen.“
Du wohnst jetzt schon lange in Belgien. Fühlst du dich inzwischen eher wie ein Belgier oder bist du immer noch Deutscher?
„Klar, ich lebe da inzwischen die meiste Zeit, aber die Wurzeln verliert man nie. Vielleicht komme ich auch mal wieder zurück nach Deutschland, wer weiß, wo der Weg hinführt. Solange ich den Sport noch mache, bleibe ich auf jeden Fall dort, wo ich jetzt bin, weil es dafür keinen besseren Platz gibt.“
Was ist deine Lieblingsstrecke im ADAC MX Masters Kalender und weshalb?
„Dieses Jahr kommt eine neue dazu mit Dänemark, da freue ich mich drauf, weil ich die anderen Strecken alle in- und auswendig kenne. Eine neue Strecke ist immer eine coole Motivation. Ansonsten mag ich alles, was Sand ist. Also Fürstlich Drehna oder Tensfeld gefallen mir natürlich, weil ich mittlerweile im Sand zu Hause bin. Aber ich muss sagen, Bielstein ist die coolste Strecke vom Layout, so richtig oldschool am Berg runter, viele verschiedene Sektionen, auch hängende Kurven, technisch richtig anspruchsvoll.“
Randers in Dänemark ist Neuland für alle. Mischt das die Karten dann auch neu?
„Die meisten Fahrer können sich schnell an die Strecke gewöhnen. Aber es kann natürlich sein, dass dort ein paar schnelle lokale Fahrer dabei sein werden, die sonst beim ADAC MX Masters nicht dabei sind. Es gibt viele schnelle Dänen und Schweden, es kann sein, dass da welche nach Randers kommen und das ganze durchmischen.“
Was braucht es, um ADAC MX Masters Champion zu werden?
„Die Zusammenarbeit mit dem Team ist sehr wichtig, dass das Vertrauen da ist. Das Motorrad muss natürlich gut sein und halten und immer zu punkten, keinen Ausfall zu haben, das sind die Hauptzutaten. Diese Sachen liegen nicht in meiner Hand. Die Dinge wie Fitness, dass ich gut vorbereitet, trainiert und am Wochenende gut organisiert bin, das liegt in meiner Hand und darum muss ich mich kümmern.“
Hast du noch letzte Worte, bevor die Saison 2023 losgeht?
„Ich freue mich natürlich auf die Saison. Das ADAC MX Masters ist immer richtig gut besucht, hat immer viele Zuschauer und die Serie ist vom ADAC sehr, sehr gut organisiert und deswegen freue ich mich auf die Saison. Und schauen wir mal, was am Ende dabei herauskommt.“
Text: Sebastian Wolter
Bild: Eva Szabadfi