Die Schweizer bei der Motocross-WM in Frauenfeld.
Lokalmatadore sind das Salz in der Suppe.
18.000 Fans bejubelten im vorigen Jahr beim Motocross-WM-Lauf in Frauenfeld die Top-Fahrer der Szene, zu denen glücklicherweise mit Jeremy Seewer und Valentin Guillod auch zwei Schweizer Permanent-Starter gehörten. Nicht geringer fielen die Sympathie-Bekundungen für die weiteren Lokalmatadore aus, die sich per Wild-Card nur ihren Heim-Grand-Prix gönnten. Wie viele Zuschauer die Schollenholz-Strecke in diesem Jahr am 24. und 25. August säumen werden, bleibt abzuwarten, dürfte sich aber mindestens in der gleichen Größenordnung bewegen.
Jeremy Seewer – Schweizer Top-Rider in der Top-Klasse
Jeremy Seewer ist seit vielen Jahren das Schweizer Aushängeschild in der Motocross-Weltmeisterschaft. Der 30-jährige Bülacher debütierte 2012 in der WM und brachte es bisher auf 13 Grand-Prix-Siege. Fünf Mal gewann er in der MX2-WM und acht Mal in der Top-Klasse MXGP. Zudem wurde er fünf Mal Vize-Weltmeister. 2016 und 2017 in der MX2-Kategorie und 2019, 2020 sowie 2022 in der MXGP. Im vorigen Jahr war er WM-Dritter und erlebte ausgerechnet bei seinem Heim-GP in Frauenfeld mit einem untypischen 20. Platz im ersten GP-Race am Ostermontag einen kleinen Rückschlag. Aber das ist Schnee von gestern und sein Blick richtet sich ausschließlich nach vorn.
So sagt er zu seiner Motocross-Zukunft: „Drei, vier Jahre habe ich bestimmt noch in der WM. Ich fühle mich immer noch jung, körperlich top fit und sehe keinen Grund, warum ich nicht in den nächsten Jahren noch vorn mitfahren soll. Nehmen wir als Beispiel meinen jetzigen Teamkollegen Romain Febvre. Der ist 32 und immer noch WM-fähig. Von daher sehe ich da kein Problem.“
Im Moment liegt er auf Tabellenrang fünf der MXGP. Seine besten Einzelergebnisse waren dritte Heat-Plätze und sein bester GP 2024 war jener im italienischen Maggiora, wo er als Tagestritter auf dem GP-Podium stand. Zum Vergleich: 2023 schaffte er zwei Heat-Siege, gewann den MXGP von Schweden und beendete die Saison auf WM-Rang drei. Dass es in seinem ersten Kawasaki-Jahr nicht ganz so gut läuft wie im Vorjahr, erklärt Jeremy Seewer so: „Im Moment habe ich nach wie vor ein paar Probleme mit dem Setup und bin noch nicht wirklich eins mit dem Motorrad. Aber ich bin mir sicher, dass wenn alles zusammenpasst, ich auch mit den Top-3 noch mithalten kann.“
Zu seinem von vielen Seiten bereits kolportierten Wechsel zum Motocross-Neueinsteiger Ducati will er noch nicht viel sagen. Nur so viel: „Im Moment gibt es nichts Offizielles. Wir arbeiten daran, aber noch ist es zu früh, dazu etwas Konkretes zu sagen.“
Rückblickend auf sein etwas enttäuschendes Ergebnis bei seinem Heim-Grand-Prix 2023 in Frauenfeld erklärt er: „Ich hatte schon viele Heim-GP und die meisten davon sind positiv verlaufen. Voriges war es halt nicht nach Wunsch. Aber es ist menschlich, dass nicht immer alles perfekt läuft. Ich habe das weggesteckt und schaue nach vorn. Ich komme wieder top motiviert nach Frauenfeld und werde mein Bestes geben. Wenn es ein Top-3-Ergebnis ist, wäre das perfekt, wenn es Platz vier, fünf oder sechs wird, dann ist das halt so.“
Valentin Guillod – Regelmäßig in den Top-10
Der erste Start in der Motocross-WM von Valentin Guillod datiert sogar auf das Jahr 2010. Das hinderte ihn aber nicht daran, 2013 Europameister der Klasse EMX250 zu werden. Sein bestes WM-Jahr war 2015 als er in der MX2 WM-Vierter werden konnte. Bis heute fährt der inzwischen 31-jährige Freiburger regelmäßig in die Top-10 mit sogar einzelnen Ausreißern nach noch weiter vorn. So zum Beispiel in dieser Saison auf einen vierten Heat-Platz in Indonesien. Mit Tagesrang sieben als bester Schweizer hat er auch gute Erinnerungen an seinen Heim-GP 2023.
Wenngleich ihm das sehr gut gefallen hat, verzichtet er auf große Sprüche und Ankündigungen für dieses Jahr. So sagt er: „Die Rennen auf der Schweizer Strecke werden mein Saisonhighlight sein. Ich werde natürlich mein Bestes geben, möchte einfach ein gutes Wochenende haben und die Fans glücklich machen.“
Etwas konkreter nennt er dann aber doch einen Platz in den Top-5 als sein Ziel für Frauenfeld. „Ich hoffe, dass mir das Publikum in Frauenfeld und die tolle Atmosphäre die Extra-Energie geben, um mich in die Top-5 zu bringen.“
Dass er trotz seines vergleichsweise hohen Motocross-Alters noch auf diesem Niveau fahren kann, erklärt Valentin Guillod so: „Ich hatte ein paar gute und ein paar schwierige Momente in meiner Karriere, aber im Moment läuft alles wunderbar. Vielleicht hängt das auch mit meinem höheren Alter und der größeren Erfahrung zusammen.“
In Sachen seiner nächsten Motocross-Jahre hat er ähnliche Gedanken wie Jeremy Seewer. Diese formuliert er so: „Mein Plan ist, auch 2025 MXGP zu fahren, möglichst mit meinem derzeitigen Team. Insgesamt denke ich, dass ich auch danach noch auf diesem Level fahren kann. Bis ich 35 bin, könnte das gehen.“
Kevin Brumann – schon in jungen Jahren von den Besten lernen
Nicht die komplette WM-Saison, aber einen Großteil der Rennen bestreitet in diesem Jahr wieder Kevin Brumann. Zwar könnte der 20-Jährige aus Ehrendingen noch locker in der MX2-WM antreten, doch misst er sich seit 2022 lieber mit der Allerbesten der Top-Klasse. 2021 bestritt er fünf Grand Prix in der MX2, dann ging es für ihn ab nach oben. Und das mit seinen damals gerade einmal 18 Jahren. 2023 konnte er in Frauenfeld im zweiten GP-Heat auf den sehr guten 14. Rang fahren, was ihm in jenem Jahr als beste Platzierungen noch zwei weitere Male gelang. Sein 27. WM-Endrang, mit nur der Hälfte aller Läufe, konnte sich dann ebenfalls sehen lassen.
Dass er so früh schon in die MXGP aufgestiegen ist, erklärt Kevin Brumann so: „Ich habe damals im deutschen ADAC MX Masters mein erstes Rennen in der 450er-Klasse bestritten, wobei es gleich sehr gut lief. Danach habe ich noch mehrmals mit der 450er trainiert und es lief besser und besser. Somit haben wir entschieden, dauerhaft in die große Klasse zu wechseln. Außerdem lernt man in der MXGP von den Besten.“
Beinahe hätte er im vorigen Jahr in Frauenfeld in beiden Läufen Punkte geholt, doch im ersten Heat wurde daraus knapp nichts. „Im ersten Lauf war es etwas blöd, weil mir in der letzten Runde die blaue Flagge gezeigt wurde, obwohl ich regulär vor Jeremy Seewer auf Platz 20 lag. Da habe ich ihn vorbei gelassen und bin hinter ihm nur 21. geworden“, blickt er zurück. Sein 14. Rang im zweiten Lauf und satt Punkte (7) entschädigten ihn schließlich.
Ansonsten kann er nur von schönen Erinnerungen an Frauenfeld 2023 reden. „Es war atemberaubend, wenn du in die Einführungsrunde gegangen bist und dich jeder Schweizer anfeuert. Das war schon ein sehr schönes Gefühl, ein Heimrennen zu haben. Ich denke, das wird auch in diesem Jahr wieder das Saisonhighlight für mich.“
Natürlich möchte Kevin Brumann in absehbarer Zeit in die Fußstapfen von Jeremy Seewer und Valentin Guillod treten. Dazu meint er: „Das ist das Ziel, so schnell zu sein wie sie. Aber damit das vielleicht mal wahr wird, muss ich noch viel trainieren.“
Arnaud Tonus – Oldie but Goodie
Am längsten von den aktuellen Schweizer Fahrern ist Arnaud Tonus im WM-Geschäft, leider mittlerweile nur noch bei seinem Heim-GP. Der 33-jährige Genfer schnupperte 2009 erstmals WM-Luft und erlebte seine beste Saison 2019, als er Gesamtfünfter der MXGP-Klasse werden konnte. Vor reichlich Jahresfrist ließ er sein Können erneut aufblitzen, indem er im ersten MXGP-Lauf am Ostermontag als starker 13. ins Ziel kam.
Loris Freidig – Heim-GP just for fun
Ebenfalls nur bei seinem Heim-Grand-Prix geht Loris Freidig an den Start. Der 26-Jährige aus Thörigen träumt zwar nicht mehr von einer großen WM-Karriere, sondern konzentriert sich aufs Zivilleben, was er gern mit der Schweizer Meisterschaft und regionalen Rennen kombiniert. Im vorigen Jahr war in Frauenfeld ein 27. Platz sein bestes Laufergebnis, sprich Punkte (bis Platz 20) sind unter gewissen Umständen nicht unmöglich.
Dass er es kann, steht so oder so außer Frage, denn außer dass er 2020 Schweizer Meister der 250-ccm-Klasse wurde, konnte er im gleichen Jahr gegen starke internationale Konkurrenz ein EM-Rennen der Klasse EMX2T (Zweitakt bis 250 ccm) gewinnen. Am Saisonende stand für ihn der vierte Tabellenrang zu Buche.
Im Jahr zuvor (2019) hatte er elf MX2-Grand-Prix bestritten, wobei er im weltberühmten „Sandkasten“ im belgischen Lommel im zweiten Heat mit Platz 21 denkbar knapp an seinem ersten WM-Punkt vorbeischrammte.
Dass es dann in der WM für ihn nicht weiter ging, erklärt er mit folgenden Worten. „Ich wollte mich nicht wegen des Motocross verschulden oder alles auf Pump machen. Ich arbeite Vollzeit und muss in erster Linie Geld fürs Leben verdienen. Den Sport möchte ich zwar nebenbei aber trotzdem so gut es geht und so professionell wie möglich machen. Da hat die WM keinen Platz. Für die WM musst du so viel herum reisen und frei nehmen, das geht einfach nicht. Ich habe keine Lust nur zu arbeiten, um WM zu fahren.“
Sein Heim-WM-Rennen ist aber bei ihm gesetzt. „Das wird auch in Zukunft so sein. Wenn ich das Level habe und als Wild-Card-Fahrer akzeptiert werde, bin ich da immer gern dabei. Das ist natürlich immer ein Highlight und da freue ich mich schon wieder darauf.“
Dies wohl auch, weil er sich sehr gern ans vorige Jahr erinnert. „Das Resultat war zwar nicht spitzenmäßig, aber das war trotzdem ein ganz tolles Erlebnis. Vor allem weil es das erste Mal auf dieser Strecke war, auf der ich schon als Kind Schweizer Meisterschaft gefahren bin. Auf dieser hatte ich auch meine ersten Erfolge national. Und nun die Weltmeisterschaft vor so vielen Fans dort zu fahren, war einfach sensationell“, erinnert er sich.
Und was meint er dazu, Punkte in der Weltmeisterschaft zu holen? „Da ist mein großes Ziel und ein Jugendtraum von mir. Ich weiß aber auch das Level und den Speed den die WM-Fahrer gehen. Das ist nicht ohne. Aber wenn an einem guten Tag mal alles passt, warum nicht?“
Nico Greutmann – Top-Platzierungen möglich
Aussichten auf Top-Platzierungen hat in diesem Jahr Nico Greutmann aus Merishausen in der Europameisterschaftsklasse EMX250. Er fuhr bisher regelmäßig Top-10-Plätze ein und ist aktuell Neunter des Zwischenklassements. Sein bestes Heat-Ergebnis 2024 war ein fünfter Platz.
Tickets und weitere Infos unter: www.mxgp-switzerland.com.
Text/Bild: Thorsten Horn